Obwohl gerade in jüngerer Zeit die Zeit die Zweifel an der Existenzberechtigung des Österreichischen Bundesheeres — vor allem angesichts des Krieges im ehemaligen Jugoslawien — etwas in den Hintergrund getreten sind, hat sich an der generellen Unbeliebtheit dieser Institution sowohl in der österreichischen Bevölkerung als auch bei den politisch Verantwortlichen offenbar nur wenig geändert.[1]
Erkennbar ist dies nicht nur an der Art und Weise, die verschiedene inländische Medien an den Tag legen, wenn über Mißstände, Probleme und disziplinäre Vorkommnisse im Heeresbereich berichtet wird, sondern auch an der stiefmütterlichen Behandlung, die dem Wehrrecht durch die Lehre sowohl in dogmatischer als auch in materieller Hinsicht zuteil geworden ist.[2] Sieht man von Ermacora als rühmliche Ausnahme[3] sowie von vereinzelten Ansätzen in Teilbereichen[4] ab, wird das Wehrrecht in den entsprechenden Kommentaren und Lehrbüchern in der Regel nur am Rande erwähnt.[5] Einige wenige Diplomarbeiten aus den letzten Jahren — vorwiegend aus Graz, Innsbruck und Salzburg — vermögen über den großen Nachholbedarf in diesem Themenbereich nicht hinwegtäuschen. Aus diesem Grund ist ein häufiges Zurückgreifen auf ausländische, insbesondere Schweizer und deutsche Literatur vor allem beim Kapitel „Besonderes Gewaltverhältnis” notwendig, obwohl sich diese Arbeit vor allem mit österreichischem Recht beschäftigt. Verstärkt wird dieses Bild noch durch die Tatsache, daß einerseits den Grundwehrdienern, die den Großteil der Soldaten stellen, zwar die Grundzüge des Militärstraf- und Heeresdisziplinarrechtes im Zuge ihrer Ausbildung nahegebracht werden, daß Chargen und Wachen sich mit Anhalte– beziehungsweise Festnahmebestimmungen auseinandersetzen müssen,[6] andererseits aber das Thema „Wehrrecht und Menschenrechte” ihnen gegenüber bestenfalls in Zusammenhang mit den Genfer Abkommen von 1949 angeschnitten wird.[7] Ein durchaus umfassend informierender Schulbehelf, der seit 1973[8] existiert, ist offensichtlich nur für die Ausbildung bestimmter Offiziere gedacht.[9]
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[1] Stellvertretend für viele Beweise dafür sei hier nur die Diskussion um die Verlängerung des Zivildienstes (November/Dezember 1993) erwähnt.
[2] So schon 1982 Geistlinger in ÖZöR Vol 33 75, 79 u 81; Szekulics in JBl 237 lSp; Ermacora/Kopf/Neisser Wehrrecht2 Bd I VI: Im Vorwort sprechen die Herausgeber von einer „bestehenden Informationslücke”. [3] Eine sehr gute Gesamtdarstellung bietet Ermacora Das österreichische Wehrrecht2. [4] Vgl zB Foregger/Serini Militärstrafgesetz; Leukauf/Steiniger Strafrechtliche Nebengesetze2; Löffler ADV 1979. [5] So findet man zB in Leukauf/Steininger Strafrechtliche Nebengesetze2 nur einen recht knapp anmutenden Kommentar zum MilStG und einen kommentarlosen Abdruck der ADV 1979; vgl auch Platzgummer Grundzüge des österreichischen Strafverfahrens2 11 sowie Triffterer Strafrecht AT 9. [6] Insbesondere mit § 86 Abs 2 StPO bzw. § 502 StPO, § 41 HDG; vgl hierzu BMLV ADV 62 ff. [7] So auch in Ruef Der Dienst im Bundesheer8 488 f; dieses Lehrbuch begleitet die Grundausbildung, sein Erwerb wird den GWD oft empfohen. Nur zwei von insgesamt 496 Seiten werden dafür verwendet, den GWD Menschenrechte nahezubringen. Das entsprechende, in § 48 Abs 1 WG fixierte Ausbildungsziel jedoch sieht vor: „Die Ausbildung hat allen Soldaten neben der militärischen auch die Kenntnis ihrer staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten, insbesondere der aus dem Völkerrecht abgeleiteten, zu vermitteln.” (Hervorhebungen nicht im Original.) [8] Zuvor existierte bereits eine 54 Seiten starke maschinschriftliche Broschüre vom 21.12.1967: BMLV Die Grund– und Freiheitsrechte. 100 Jahre Staatsgrundgesetz. [9] BMLV Die Menschenrechte 1973/1988. |
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