Vorwort


Die Geschichte der Habsburger — einer Familie, die das Weltbild Europas geprägt, geformt und auch verformt hat — ist eigentlich eine Geschichte von Einzeldarstellungen. Die bedeutendsten Familienmitglieder sind, wenn auch nicht immer ausführlich, biographisch erfaßt worden. (vgl. Brigitte Hamann, Die Habsburger, Wien 1988).

Der Grundstein meiner Beschäftigung mit den Habsburgern wurde durch, während meines Studiums verfaßte, kleinere Arbeiten zu Rudolf I. (Proseminararbeit bei Prof. Bruckmüller: König Rudolf I. und seine Bestrebungen zur Erlangung der Kaiserwürde) und zu Maximilian II. (Seminararbeit bei Prof. Gutkas: Maximilian II. und seine Brüder, Ferdinand II. von Tirol und Karl II. von Innerösterreich) gelegt. Die ausgezeichneten Biographien von Oswald Redlich über Rudolf von Habsburg und von Viktor Bibl über Maximilian II. gaben den Anstoß zur weiteren Beschäftigung mit biographischen Materialien.

Professor Karl Gutkas war es schließlich, der mich auf die Kaiser Ferdinand III. und Karl VI. aufmerksam machte — von beiden existieren noch keine Biographien. Es war kein konkreter Themenvorschlag, doch versuchte ich der Frage nachzugehen, warum sich noch niemand mit diesen Herrschern befaßt hat. Ein Zufall kam mir zu Hilfe. Bei einem Besuch der Kaisergruft bei den Kapuzinern in Wien bemerkte ich das "Fehlen" des Sarkophags Kaiser Ferdinands III. Ich erfuhr, daß dieser auf Grund seines schlechten Erhaltungszustandes einer Restaurierung bedurfte. Bei der "Wiedereinbettung" des Herrschers in den gänzlich restaurierten Sarg durfte ich anwesend sein. Der Bitte der Kapuziner nachkommend, möchte ich hier nicht näher darauf eingehen. Ein Stich von der Aufbahrung des toten Kaisers muß an dieser Stelle genügen.

Aus dem Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek.

Die Literatur zur Person Kaiser Ferdinands III. ist nicht sehr ergiebig. Einige zeitgenössische Abdrücke von Instruktionen und Edikten sowie von Darstellungen der verschiedenen Krönungen und Vermählungen sind vorhanden. Drei wichtige Werke seien hier genannt: Koch's Geschichte des Deutschen Reiches unter der Regierung Ferdinands III. ist ein gutes Überblickswerk über die politischen und militärischen Ereignisse jener Zeit; Stieve's Abhandlung über Ferdinand III. gibt eine äußerst kurze biographische Darstellung seiner Person; und Lhotsky schließlich versucht, in seiner Geschichte der Sammlungen an Hand der in den Fontes rerum Austriacarum edierten venezianischen Gesandtschaftsberichten ein Bild des Menschen, besonders des Kunstförderers, des Mäzens Ferdinand III. zu geben.

Mein Hauptanliegen ist es nun, die persönliche Meinung des Kaisers zu unterschiedlichen Ereignissen aufzuzeigen und zu versuchen, eine Art "Persönlichkeitsanalyse" zu entwerfen.

Nach mehrjähriger Arbeit über diesen Kaiser — das Suchen nach Literatur, nach ikonographischen Darstellungen, die Arbeit mit den Quellen, das Einbringen kunstgeschichtlicher Aspekte, das "hautnahe" Erlebnis — ist ein gewisses emotionales Empfinden für diesen Menschen unvermeidlich.

Mit dieser Arbeit möchte ich etwas "Licht in das Dunkel" dieses Herrschers bringen und aufzeigen, daß man bei der Lektüre der hier angewandten Mischform aus Regesten und wörtlichen Zitaten nicht nur über die teils recht handfeste Wortwahl schmunzeln, sondern versuchen soll, sich durch die Orthographie, den eigentümlichen Schreibstil, durch die Offenheit der verwendeten Worte, die nur auf Grund des herzlichen brüderlichen Verhältnisses zueinander möglich ist, ein Bild über die Zeit und ihre Denkweisen zu machen.

Von den Schreiben Kaiser Ferdinands an Erzherzog Leopold Wilhelm wurden in der Arbeit nur jene berücksichtigt, die zeitlich annähernd eine Einheit bilden. Aus den Jahren 1627 bis 1639 ist die Anzahl der vorhandenen Briefe so gering, daß durchschnittlich auf ein Jahr zwei Briefe kommen.

Es galt nun zu versuchen, aus dem ebenfalls unvollständigen Briefwechsel der Jahre 1640–43 eine "Einheit" zu bilden. Alle Schreiben Leopold Wilhelms an Ferdinand III. sowie jene Ferdinands III. an Leopold Wilhelm ohne jegliche Zusammengehörigkeit anzuführen, schien mir nicht sinnvoll; Leopold Wilhelm bezieht sich in seinen diese Jahre umfassenden sechzehn Briefen auf Schreiben Ferdinands, die nicht vorhanden sind (umgekehrt verhält es sich genauso). Daher kam ich zu dem Ergebnis, nur die Schreiben Ferdinands III. an seinen Bruder zu verwenden.

Eine Edition mußte wegen der sich ergebenden Lücken aus den nur teilweise dechiffrierten Geheimschriften verworfen werden. Auch Regesten schienen nicht sinnvoll, da diese den Inhalt des Schreibens erfassen, nicht aber auf die einzelnen, oft sehr prägnanten Formulierungen Ferdinands eingehen.

Das Ergebnis ist nun eine Mischform zwischen ausführlichem Regest und — darin eingebunden — wörtlichen Zitaten.


'Die flotte Hexe'; © 1987 by Willi Biene 'Die flotte Hexe'; © 1987 by Willi Biene 'Die flotte Hexe'; © 1987 by Willi Biene
Zum Inhaltsverzeichnis Zum Inhalt Zur nächsten Seite

Version Nr. 2/2013 vom 7. Feber 2013
© 1999–2013 by Eva-Katharin Ledel — Wien / Österreich.
Alle Rechte vorbehalten! — All Rights Reserved! — Touts droits réservés!

Besucherzähler

Layout & Web Design by Bindestrich — © 1999–2013