Kommentare wider den Rotfunk
Carolinas Nachrichten Nr. 6/1995, S. 3–5
No nukes?
Sie haben sie also gezündet, „die Franzosen”. Die Umstellung von realen Tests auf Computer–Simulationen bezahlt Frankreich mit internationaler Ächtung; Botschafter werden abgezogen oder in Ministerien zitiert, französische Waren boykottiert, die Grande Nation zu einem Volk von arroganten Weltvergiftern.
Die USA haben über tausend, die UdSSR über siebenhundert, Frankreich über zweihundert Atomtests bisher durchgeführt, einen guten Teil davon oberirdisch. Die teilweise verheereden Folgen für Menschen und Umwelt sind allgemein bekannt, Bemühungen, diese Versuche abzuschaffen, nicht nur legitim, sondern dringend erforderlich, zumal sich die jeweiligen Regierungen bis heute weitgehend weigern, zumindest Entschädigungen für die Betroffenen zu zahlen. Keine Frage: Jede dieser Bomben, die gezündet wird (eigentlich schon jede, die gebaut wird), ist eine zuviel, Aktionen sind notwendig, um die „Weltöffentlichkeit” aufmerksam zu machen und „zu sensibilisieren”, um die Regierungen der Atommächte gehörig unter Druck zu setzen. Eine solche Aktion der Greenpeace–Organisation hat es beispielsweise in China gegeben: Ein kleines Grüpplein von „Aktivisten” enthüllte ein kleines Transparent auf dem „Platz des Himmlischen Friedens”, wurde innerhalb kürzester Zeit festgenommen und abgeschoben; dem dortigen Machtapparat ist es also unter Anwendung blanker Gewalt gelungen, den unliebsamen „geballten internationalen Protest” bereits im Keim zu ersticken. Die Zündung einer Bombe dort bringt bei uns gerade einmal ein paar Fernschreiber zum Ticken, und den Nachrichtensendern ist das gerade einmal eine Meldung wert. Ansonsten redet kein Mensch heute mehr von den chinesischen Atomtests. Bei Frankreichs acht letzten Atombombenversuchen auf dem Mururoa–Atoll hingegen empört sich die Weltöffentlichkeit. Die „Rainbow Warrior II” läuft aus, gefolgt nicht nur von einem guten Dutzend anderer Schiffe, sondern auch von einem wahren Heer von Journalisten. Greenpeace wird zum Helden und Beschützer der Welt vor den Franzosen, ihrer Arroganz und ihren Atombomben, die Medien berichten bald von nichts anderem mehr, Politiker aus aller Welt spucken Gift und Galle und übertreffen einander in der Verurteilung Frankreichs. Ein kommunistisches östliches Regime darf also ungestört Versuche durchführen und Proteste dagegen gewaltsam unterdrücken, wie es das in allen anderen Bereichen her gewohnt ist, während eine demokratisch gewählte westliche Regierung, die noch dazu die Versuche ankündigt und dabei betont, daß es die letzten sein werden, von Medien, Politikern und Bürgern der ganzen Welt mit einer wahren Hatz bedacht werden. Und obwohl diese unterschiedliche Behandlung offensichtlich, für jedermann erkennbar ist, wird die entscheidende Frage nicht gestellt: cui bono? Die force de frappe nützt nicht nur Frankreich. Sie macht Europa unabhängiger vom good will der Amerikaner, die in vergangener Zeit oft genug die Lage auf unserem Kontinent falsch eingeschätzt und daher fehlreagiert haben. Wer 1989 geglaubt hat, daß Europa durch den Fall des Eisernen Vorhangs konfliktfrei geworden sei, ist — so er nicht völlig blauäugig durch die Welt läuft — spätestens durch die Konflikte in Jugoslawien und der GUS eines Besseren belehrt worden. Wenn auch Karadžić und Milošević (und wie sie sonst noch alle heißen mögen) keine Atombomben zur Verfügung haben, so ist doch der Herr Schirinowskij nicht der einzige machtbesessene Alkoholiker, der in Moskau, Kiew oder Alma Ata darauf hinarbeitet, Kontrolle über den berühmten roten Knopf zu bekommen. Bedrohung für Europas Frieden gibt es also massenhaft. Der Krieg in Jugoslawien hat überdies wieder einmal gezeigt, daß radikale Nationalisten diplomatische Verhandlungen nicht achten, sondern nur dazu verwenden, die dafür verwendete Zeit und Energie zur Schaffung militärischer Tatsachen zu nutzen. Erst die Kampfeinsätze der NATO haben daran etwas ändern können. Das sollte uns zu denken geben, wenn in Wien die französische Botschaft von grünen und Friedensaktivisten gestürmt wird, während sich der Protest vor der chinesischen Botschaft doch sehr in Grenzen gehalten hat. Dort aber ist man sich gewiß des militärischen Vorteils bewußt, den Frankreich durch diese letzten Versuche erhält: Die erhaltenen Daten sollen, wie erwähnt, dazu verwendet werden, die realen nuklearen Explosionen durch virtuelle ersetzen zu können. Abgesehen von den absolut positiven Auswirkungen auf die Umwelt hat diese Methode den Vorteil, daß künftige wissenschaftlich–militärische Forschungen in diesem Bereich nicht mehr ohne weiteres vom Seismographen erfaßbar, sondern nur mehr durch umfangreiche und mühevolle Spionage aufzudecken sind. Und so kommt es, daß die Radioaktivität der chinesischen und GUS–Sprengköpfe im Gegensatz zu den europäischen und amerikanischen harmlos und ungefährlich für Mensch und Umwelt ist, und zwar auch dann, wenn die Versuche überirdisch stattfinden. Und während ein paar wenige darüber nachgrübeln, ob sie das nicht schon einmal bei den Pershing– und SS-20–Raketen gehört haben (wie gut war es doch, daß der NATO–Doppelbeschluß damals realisiert wurde; das hat nämlich die Sowjetunion endgültig wirtschaftlich in die Knie gezwungen und den Sturz vieler Diktaturen und das Ende des Kalten Krieges ermöglicht!), könnte es bei verstärktem Grübeln jemandem doch glatt in den Sinn kommen, daß diese Einstellung nicht auf kommunistische Propaganda dieser Länder zurückzuführen ist, sondern auf die Berichterstattung in (fast) allen westlichen nicht-französischen Medien, und der Österreichische Rotfunk marschiert dabei in der ersten Reihe mit. Bravo! Vergessen wird bei all dem Trubel um acht unterirdische Atomtests außerdem, daß mitten in Europa — und dort liegt geographisch gesehen Tschernobyl — ein Atomkraftwerk einen kleinen Störfall hatte und seither munter vor sich hinstrahlt. Vergessen wird auch dabei, daß es noch eine ganze Reihe baugleicher oder bauähnlicher nuklearer Kraftwerke im ehemaligen Ostblock gibt, die heute munter vor sich hinrosten. Schließlich wird noch vergessen, daß Greenpeace und GLOBAL 2000 und all die anderen Weltretter auf entsprechende Aktionen vergessen haben. In Diktaturen ist halt das Demonstrieren und Protestieren nicht so einfach. Cui bono? |
Weibsvolk
Was ist, wenn eine Frau plötzlich im Wohnzimmer steht? Richtig: Dann ist die Kette zu lang.
Vom Mannsvolk gerne mit Macho-Sprüchen bedacht, setzt sich das Weibsvolk zur Wehr und klopft heute fleißig Emanzensprüche. Man nennt das Fortschritt. Vorbei ist also die Zeit der fünf K's — Kirche, Kinder, Küche und (wenn das Weib einmal nicht parieren will) Keller und Kette —, vorbei die Zeit, in der Frauen ihre Bestimmung in der Familie sahen und als Hausfrau und Mutter ihre Erfüllung finden — nein, Installateur, Kfz&-Mechaniker oder gar Politiker müssen sie werden, und das noch dazu jeweils mit einem dicken /Innen am Ende. The womenfolk strikes back! Und damit auch die letzte Buschfrau noch erfährt, worum es geht (weil das alles nämlich gerade für die besonders wichtig ist), wird ein Kongreß abgehalten, und zwar dort, wo die Gleichbehandlung von Mann und Frau kein Thema mehr ist, weil sie dort inzwischen realisiert wurde: in China! „Frauenrechte sind Menschenrechte”, hat die liebe Frau Rita Süssmuth gesagt, von Verwirklichung hat sie geredet, jawohl, Frauen müssen vermehrt die Politik bestimmen. Und genau das kann man in China bewundern und bestaunen. Mao Tse-tung war also in Wirklichkeit eine Frau, und auch heute noch — wie eh und je! — besteht das Zentralkomitee der kommunistischen Partei selbstverständlich zu fünfzig Prozent (mindestens!) aus weiblichen Mitgliedern ... „Menschenrechte sind eine innere Angelegenheit Chinas”, konnte man immer wieder aus China hören; das ist gut so, denn deshalb funktioniert die Gleichbehandlung von Män­n/Inn/en und Frau/änn/e(r)n dort so reibungslos! Stellt Euch nur vor, die würden Einflüsse aus dem Westen zulassen, mit ihren sozialen Spannungen, dem grenzenlos wuchernden Individualismus, dem Menschenrechtsfanatismus, den gewachsenen Familienstrukturen, ihren prüden Einstellungen zu Themen wie Familienplanung, Zwangsabtreibung, Euthanasie. Pfui Deibel! Dort, im Gleichbehandlungsparadies, ist man sich natürlich auch des Preises für diese tollen Zustände bewußt und nimmt diesen gerne in Kauf, denn man kann ja bekanntlich nicht alles auf einmal haben: überflüssigen Ballast wie Presse-, Rede- und Informationsfreiheit, Vereins– und Versammlungsfreiheit, Demonstrationsrechte, das Recht auf Familie, freie Religionsausübung, freier gewerkschaftlicher Zusammenschluß, Reisefreiheit und was sonst noch in dieser dekadent-imperialistischen Europäischen Menschenrechtskonvention niedergeschrieben ist ... Das Weltweibsvolk ist leider noch nicht so fortschrittlich, ihm mangelt es noch an Einsicht. Daher durfte es teilweise nicht nach China einreisen, teilweise nicht an Veranstaltungen teilnehmen, ganz allgemein aber sich auf gar keinen Fall mit den Chinesen und Chinesinnen in Kontakt treten: Die können nämlich vom Rest der Welt sowieso nichts mehr lernen, sondern nur in ihrer Perfektion gestört werden, weshalb bei Zuwiderhandeln sofort die (zwar männliche, aber auch gleichbehandelte) Polizei mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln — selbstverständlich eine innerchinesische Angelegenheit! — einschritt. Es stimmt schon, daß in weiten Teilen der Welt Frauen und Männer nicht gleich behandelt werden — und das ist gut so (jawohl!). Gleich behandelt werden soll nämlich immer nur Gleiches, und Ungleiches muß eben ungleich behandelt werden; ich selbst bin schließlich keine Frau und daher auch nicht gleichbehandlungsbedürftig mit einer solchen. Immerhin hapert es in vielen Ländern dieser Erde auch an der Gleichberechtigung, und das ist schlecht. Frauen als Staatsbürger unterschiedlich zu Männern zu behandeln, ist natürlich eine ungerechtfertigte Diskriminierung. Eine (Männer–) Gesellschaft etwa, die den Frauen das Wahlrecht nicht zumindest anbietet (in einem Schweizer Kanton haben die seltsamerweise selbiges nicht angenommen ...), nimmt sich selbst jede demokratische Legitimation, über die Gesamtgesellschaft, nämlich über Männer und Frauen gleichermaßen, zu regieren. Viel schlimmer aber ist es meiner Meinung nach, daß Männern und Frauen zunehmend der Respekt von den Angehörigen des anderen Geschlechts abhanden kommt. Die erschreckende Kälte, die dadurch zunehmend die zwischenmenschlichen Beziehungen durchdringt und selbige lahmlegt, verstärkt diese Tendenz — ein wahrer Teufelskreis, der letztendlich zur tristen Vereinsamung der Menschen führen wird; gut ein Drittel aller österreichischen Haushalte, so hat das Statistische Zentralamt jüngst herausgefunden, werden von „Singles” (das sind Schallplatten, auf denen pro Seite nur ein Lied abzuspielen ist) geführt, und der Grund dafür ist beileibe nicht nur die höhere Lebenserwartung der Frauen, wie behauptet wird, sondern immer deutlicher auch die die jahrzehntelange sozialistische Anti-Familienpolitik, die einen ihrer Gipfel in der männer- und vor allem frauenfeindlichen Emanzenpropaganda von Frau Dohnal, einen anderen in der wert–losen Schulpolitik hatte — ein angsteinflößendes Symptom für den kulturell–gesellschaftlichen Zerfall und die damit verbundenen totalitären Manipulationsmöglichkeiten der Bürger, wie das eben im fortschrittlichen China bereits düstere Alltagsrealität ist. Davon aber war keine Rede auf dem Weltfrauenkongreß. Kann auch gar nicht sein: Es nützt nun einmal nichts, über gegenseitigen Respekt, Verständnis und Toleranz zu reden; man muß sie in die Tat umsetzen, sie vorleben, um etwas davon zu haben! Aber das ist ziemlich mühsam; viel einfacher ist es, auf einem Kongreß von Achtung zu reden, anstatt sich Achtung zu erwerben. Was Mannsvolk nicht kapiert hat, lernt Weltweibsvolk wohl auch nicht mehr. Wie schade. So, liebe Rita, bleiben Menschenrechte eben Männerrechte! |
Geldverschwendung
Ende August ließ man die Katze aus dem Sack: Es wird eine Parade des Bundesheeres stattfinden, und die wird den Steuerzahler etwa zehn Millionen seiner sauer verdienten und unwillig abgegebenen Alpendollar kosten — Schweinerei!
Empört ob dieser sinn- und wertlosen Steuermittelvernichtung rief daher eine junge Frau beim Rotfunk an und fragte, warum das Geld nicht lieber für alleinerziehende Mütter — wie sie eine ist und wie es viele gibt in Österreich — ausgegeben wird, die das viel nötiger haben als das Militär. Die Antwort auf diese Frage konnte natürlich vor dem Mikrophon nicht gefunden werden, wäre aber ganz einfach zu geben: Diese Republik ist nämlich nicht nur für alleinerziehende Mütter da, die ohnehin wesentlich mehr als zehn Millionen Schilling im Monat (!) erhalten. Sie ist auch nicht nur für Arbeitslose, ethnische und religiöse Minderheiten, Kinder, Generaldirektoren und Politiker da, sondern für alle Menschen gleichermaßen, die die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen. Und wenn nun eine Einrichtung wie das Bundesheer, das diese Republik und ihre demokratischen Einrichtungen (die dafür Sorge tragen, daß Obgenannte nicht zu kurz kommen) zu schützen hat und das in der Vergangenheit auch mehrmals erfolgreich getan hat — und dies, obwohl es von eben jener Gesellschaft, die von der Existenz des Heeres in diesem Sinne profitiert, moralisch und finanziell schändlicherweise verraten und im Regen stehengelassen worden ist —, wenn also das Bundesheer nun ein Jubiläum feiert, das eigentlich für die Allgemeinheit der österreichischen Staatsbürger selbst ein herausragend wichtiger Grund zum Feiern wäre, dann haben eben auch alleinerziehende Mütter ihren Beitrag zu leisten. Im übrigen gäbe auch ich viel lieber das Geld für Menschen als für Waffen aus. Leider müssen aber zuerst Mittel für ein effizientes Heer ausgegeben werden, damit der Bestand des Staates, der das Geld dann für die Menschen ausgibt, gewährleistet ist. Darüber hinaus gäbe ich das Geld lieber für die Erziehung junger Menschen aus, um sie zu mündigen, denkenden und verantwortungsvollen Staatsbürgern zu machen, denen eine eigene Familie ein Anliegen ist. Dann gäbe es nämlich nur mehr sehr wenige alleinerziehende Mütter, für die die Gesellschaft dann aufkommen muß. Und vom verbleibenden Geld könnte man dann ganz leicht zehn Millionen Schilling für eine Bundesheer-Parade verwenden ... |
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