Die Europareife unserer Universitäten — einmal anders!
Carolinas Nachrichten Nr. 3/1994, S. 12 f
Markus' Gesicht zeigt ein breites Grinsen. „Hast du gewußt, daß ich von meiner Uni einen Nachweis erbringen mußte, daß ich die deutsche Sprache ausreichend beherrsche, um an der Salzburger Uni den Lehrveranstaltungen folgen zu können?”
Markus heißt Markus Krause, ist 22 Jahre alt, kommt aus Duisburg in der BRD und absolviert zur Zeit im Rahmen des ERASMUS–Programmes ein Semester an der Juridischen Fakultät in Salzburg. Nein Markus, das habe ich nicht gewußt, und ich glaube es dir auch nicht. Schon wieder dieses Grinsen! „Studierende von EG–Universitäten ... benötigen folgende Unterlagen für die Zulassung”, steht auf einem CARO-AS–gelben Wisch, den mir Markus unter die Nase hält. „... 2. Bestätigung des ERASMUS–Programmkoordinators der Heimatuniversität auf offiziellem Universitätspapier in deutscher Sprache mit folgendem Inhalt: ‚Herr/Frau ......... ist im Rahmen des Hochschulkooperationsprogrammes Nr. ......... als ERASMUS–Student/in nominiert und verfügt auf Grund des Studiums an der entsendenden Universität über die notwendigen fachlichen Qualifikationen. Er/Sie verfügt über jene Deutschkenntnisse in Wort und Schrift und über den Gebrauch der deutschen Sprache in dem Umfang, wie es für das Verständnis einschlägiger Texte und für die Ablegung von Prüfungen erforderlich ist.‘” Meine Begeisterung über diesen bürokratisch ausgeklügelten Erguß des Büros für Außenbeziehungen der Universität Salzburg kennt keine Grenzen und bezieht sich beileibe nicht nur auf die im vorliegenden Informationsblatt zur Perfektion getriebenen korrekten Anwendung der deutschen Sprache nach KonradIn DudInnen. Während man hierzulande von Frau Navratil, Herrn Hlavacek oder vom Fery Nagy mit berechtigter Selbstverständlichkeit annehmen darf, daß sie der deutschen Sprache mächtig sind, hegt also das erwähnte lobenswerte Büro für Außenbeziehungen — es ist sicher mit Spezialisten auf diesem Gebiet besetzt! — diesbezüglich bei Herrn Markus Krause aus dem Ruhrpott Bedenken. Dafür hätte ich jedenfalls noch ein mildes, nachsichtiges Lächeln übrig, wenn es um den Nachweis ginge, die österreichische Sprache ausreichend zu beherrschen, um den sich sonst zwangsläufig ergebenden Verwirrungen vorzubeugen: „Faschiertes — wat'n dat???” Das hätte den Vorteil, daß wir auch gleich Arbeitsplätze sichern könnten, die sich zwar im Ausland befänden, aber zwangsläufig mit Österreichern besetzt werden müßten: zahlreiche „Lehrstühle für Austrologie” an den verschiedensten Universitäten der verschiedensten EG–Staaten! Nach einigen Bemühungen — ein paar der hohen akademischen Herren in Bochum kamen sich „verarscht” (ein Austrologe würde hier „gefrotzelt” sagen!) vor — hat Markus die verlangte Bestätigung bekommen und in Salzburg vorgelegt. |
Bleibt noch — mit einem überaus breiten Grinsen — zu erwähnen, daß meine niederländischen, italienischen und spanischen ERASMUS–Kommilitonen eine derartige Bestätigung hier in Salzburg nicht gebraucht haben!
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