Ein Märchen über den Humor der Alpenzwerge
Carolinas Nachrichten Nr. 4/1993 S. 4
Die Republik der Alpenzwerge war nicht immer eine Republik; zu Anfang dieses Jahrhunderts standen noch würdige Monarchen an der Spitze dieses Landes, und nicht nur die Ignoranz des Pöbels war daran schuld, daß dem heute nicht mehr so ist.
Im Land der Alpenzwerge gab und gibt es eine besondere Zwergenart, über die das gemeine Zwergenvolk so manchen derben Witz kreiert hat: Die Beamtenzwerge. Die, so sagen einige aus besagtem gemeinen Zwergenvolk, sitzen in ihren zwergenmäßigen Tintenburgen, kosten viel Geld und tun rein gar nichts — außer vielleicht Beamten–Mikado spielen (wer sich zuerst bewegt, hat verloren). So ist es wohl nicht verwunderlich, daß manche Beamtenzwerge angesichts derartiger Äußerungen oft gar nicht gut auf das gemeine Zwergenvolk anzusprechen sind. „No,” wird sich jetzt der geneigte und aufmerksame Leser unseres CARO-AS denken, „der Rotkappelzwerg A–Punkt wird wohl auch nicht gerade zu denjenigen gehören, die bei den Beamtenzwergen auf besondere Zwergenliebe stoßen. Man denke da nur an seine Bemerkung über den Höhepunkt einer zwergenbeamtlichen Karriere; auch Du scheinst wirklich nicht besonders viel Respekt vor der beamteten Zwergenschaft zu haben, o A–Punkt!” Im Gegenteil Der liebe Rotkappelzwerg A–Punkt hat doch an besagter Stelle nur die Einstellung des gemeinen Zwergenvolkes zitiert, was der geschätzten Aufmerksamkeit des geneigten Lesers offensichtlich entgangen ist (A–Punkt zieht sich an der Nase und wird versuchen, sich nächstens klarer auszudrücken!). Ein kleiner Hinweis eines wohlmeinenden Zwergenbruders aber hat den lieben A–Punkt ein wenig nachdenken lassen über die Respektlosigkeit des gemeinen Zwergenvolkes. Und so fand er während des ihm eigenen Zwergengegrübels und Zwergengemurmels heraus, daß das besagte Zwergenvolk zwar recht hat mit seiner Kritik an so manchem zwergenmäßigen Unsinn, der in den erwähnten Tintenburgen fabriziert wird. Wenn es aber die Beamtenzwerge verhöhnt und verspottet und ihnen die Schuld an derlei Treiben gibt, macht sich das Volk der Alpenzwerge die Sache einfach zu leicht! Schließlich ist es ja die Pflicht der armen Beamtenzwerge, exakt jene Vor– und Aufgaben zu erfüllen, die die Polit–Zwerge ihnen auftragen. (Über die Polit–Zwerge reißt das gemeine Zwergenvolk natürlich auch seine Witze; die Zusammenhänge mag es aber lieber nicht sehen ...) Die Ironie des Zwergenschicksals will es aber, daß diese Polit–Zwerge in regelmäßigen Abständen vom gemeinen Zwergenvolk gewählt werden. Zwergenwörtlich bedeutet das, daß jeder wahlberechtigte Alpenzwerg das Recht und die Möglichkeit hat, jene Polit–Zwerge zu bestimmen, die den Beamtenzwergen sagen, was sie wie und wann und wo zwergenmäßig zu erledigen hätten. Und wenn man sich dies so recht überlegt, kommt man zu dem Schluß, daß die Alpenzwerge sich eigentlich selbst auslachen, wenn sie über ihre beamtete Zwergenschaft ihre gröblichen Witzlein machen: sie nämlich, jeder einzelne von ihnen, hat mit seinem Kreuzelein auf dem Zettelein sein zwerglich Votum darüber abgegeben, welcher Unsinn in alpenzwerglichen Tintenburgen geschehen soll! (Und wer zur geheimen Zwergenwahl nicht gegangen ist, weil ihn so etwas zwergenmäßig gar nicht interessiert oder weil er einfach keine Lust hatte, ist ein Muster an alpenartiger Dummheit und sollte sich lieber ganz leise in ein dunkles Eck verzwergeln.) Wie heißt es beim Tucholsky–Zwerg: Humor ist, wenn man trotzdem lacht! |
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