Worüber man im Land der Alpenzwerge nachdenken könnte

Ein Mär­chen zur Bi­schofs­er­nen­nung von Georg Eder

Carolinas Nachrichten Nr. 1/1989, S. 17


Die Re­pu­blik der Al­pen­zwer­ge war nicht im­mer eine Re­pu­blik; zu An­fang die­ses Jahr­hun­derts stan­den noch wür­di­ge Mo­nar­chen an der Spit­ze die­ses Lan­des, und nicht nur die Ig­no­ranz des Pö­bels war da­ran schuld, daß dem heu­te nicht mehr so ist.

Im Land der Al­pen­zwer­ge gab und gibt es auch meh­re­re Zwer­gen­kir­chen; die einflußreichste unter ihnen war die rö­misch–ka­tho­li­sche Zwer­gen­kir­che.

Als nun in einem Zwer­gen­bun­des­land ein neu­er Zwer­gen­bi­schof er­nannt wur­de, ent­stand in den ta­ges­zeit­schrift­li­chen Zwer­gen­blät­tern und in den te­le­vi­sio­nä­ren Zwer­gen­nach­rich­ten ein gro­ßes Weh­ge­schrei, da die­ser Zwer­gen­bi­schof eine nicht al­len Al­pen­zwer­gen ge­neh­me Li­nie ver­trat. So­gar der Bun­des­kanz­ler­zwerg Franz ?. ließ ein paar Zwer­gen­wor­te er­tö­nen!

Da hat­te die­ser neue Zwer­gen­bi­schof doch glatt ge­sagt (in al­ler Zwer­gen­öf­fent­lich­keit!), daß vie­le viel zu ma­te­ria­li­stisch ein­ge­stellt seien, wo­rü­ber ins­ge­heim auch die an­de­ren Zwer­gen­bi­schö­fe nicht son­der­lich be­gei­stert wa­ren, da sie be­fürch­te­ten, daß die rö­misch–ka­tho­li­schen Al­pen­zwer­ge — oh­ne viel da­rüber nach­zu­den­ken — ih­re Kir­che nicht in Ver­su­chung füh­ren wol­len, ma­te­ria­li­stisch zu sein und ih­re zwer­gen­kirch­li­chen Bei­trä­ge ein­stel­len wür­den ...

Wei­ters mein­te der neue Zwer­gen­bi­schof, daß die De­mo­kra­tie im Land der Al­pen­zwer­ge zu fürch­ter­li­chen Frei­hei­ten ge­führt ha­be — das nach­fol­gen­de Weh­ge­schrei war wahr­lich er­schreckend!

Da­bei ha­ben nicht nur die un­gläu­bi­gen Al­pen­zwer­ge den ar­men neuen Zwer­gen­bi­schof doch ganz falsch ver­stan­den:

Denn wer könn­te leug­nen, daß es in der Zwer­gen­kir­che gar kei­ne De­mo­kra­tie ge­ben kann, da doch gar nie­mand in der Zwer­gen­kir­che über einen an­de­ren Glau­bens­zwerg herr­schen kann!

Wer könn­te leug­nen, daß De­mo­kra­tie — auch im Land der Al­pen­zwer­ge — nur dann funk­tio­nie­ren kann, wenn jeder Zwerg sich al­len Re­geln die­ser De­mo­kra­tie un­ter­wirft und nicht an­dau­ernd Aus­nah­men — Pri­vi­le­gien, „Frei­hei­ten da­von” — for­dert!

Wer könn­te leug­nen, daß es im Land der Al­pen­zwer­ge — an­ge­sichts eines Lu­co­na–Skan­dals und vie­ler an­de­rer un­an­ge­neh­mer oder gar bö­ser Zwer­gen­ta­ten — nicht zum Be­sten mit die­ser De­mo­kra­tie — al­so auch mit dem rich­ti­gen Um­gang mit den de­mo­kra­ti­schen Frei­hei­ten — stand!

„Gut­in­for­mier­te” Al­pen­zwer­ge aber be­fürch­te­ten, daß die Ver­ant­wort­li­chen des al­pen­län­di­schen Zwer­gen­rot­funks um all die­se Sa­chen — die man ja nicht leug­nen kann — sehr wohl wuß­ten und ge­ra­de des­halb über den neu­en Zwer­gen­bi­schof her­fie­len.

Aber an­statt da­rü­ber nach­zu­den­ken, ob es nicht viel­leicht in Zu­kunft bes­ser wä­re, von der bis­her be­trie­be­nen Po­li­tik der Eigen­bröt­le­rei ab­zu­ge­hen und sich auf die Wer­te des Glau­bens zu be­sin­nen und die­se auch ve­he­ment zu ver­tre­ten, dis­ku­tier­ten die gläu­bi­gen (und be­son­ders auch die nicht­gläu­bi­gen) Al­pen­zwer­ge lie­ber da­rü­ber, ob es auch bei der Er­nen­nung neu­er Zwer­gen­bi­schö­fe mit de­mo­kra­ti­schen, frei­heit­li­chen, so­zia­len, fort­schritt­li­chen ... Din­gen zu­ge­gan­gen sei — denn re­den ist ja so viel leich­ter als nach­den­ken!

Scha­de um die nicht ge­nutz­te Chan­ce, der Zwer­gen­kir­che ein po­si­ti­ve­res Image zu ver­lei­hen, meint

Euer Rotkappelzwerg A.


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